Flächenland

Unter meinen Büchern habe ich es zunächst nicht wiedergefunden, so schmal ist der Buchrücken. „Flatland“, mal Flächenland, mal Flachland übersetzt, ist schnell gelesen. 162 Seiten hat die von mir gewählte Ausgabe vom Verlag Traugott Bautz. Großer Abstand zwischen den Zeilen, unten viel Luft.

Lässt man die Details aus, ist die Geschichte auch schnell erzählt. Der Bewohner eines Landes, in dem es nur zwei Dimensionen gibt, bekommt Besuch aus der dritten. Aus einem „Oben“ heraus, das es in seiner Welt eigentlich nicht gibt, besucht ihn eine Kugel. Sie erscheint zunächst als Punkt, dann als Kreis, der immer größer wird. Dann wird der Kreis wieder kleiner bis zum Punkt und verschwindet. Die Kugel erklärt dem verdutzten Bewohner die dritte Dimension, ja nimmt ihn sogar mit auf eine Reise da hinein, in deren Verlauf er sein ganzes Flachland von oben betrachten kann. Aber als er zu philosophieren beginnt, es müsse dann ja auch noch eine vierte und weitere Dimensionen geben, wirft ihn die Kugel wütend zurück in seine zweidimensionale Welt.

Dem Bewohner fällt es schwer, das Erlebnis zu verarbeiten. Er versucht, seinen Landsleuten die Existenz einer dritten Dimension zu erklären, wird nicht verstanden, zum Aufrührer und Verrückten erklärt und letztlich eingesperrt. Im Gefängnis besucht ihn nur noch sein Bruder, der jedoch die dritte Dimension auch nicht begreift.

Die Beschreibung der Verhältnisse in Flachland ist eine beißende Satire auf vergangene und je nach Blickwinkel auch heutige Zeiten. Auch von einer Erfindung, einem daraus resultierenden Aufstand und dessen Niederschlagung wird berichtet. Das Buch erlebte bereits im Jahr 1884 seine zweite Auflage und liest sich dennoch auch heute spannend.

Entscheidend ist die Botschaft: Was wir nicht begreifen, kann es dennoch geben. Wer das leugnet, bringt möglicherweise Unrecht über andere und raubt sich selbst Chancen und Hoffnung auf Rettung und Entwicklung. Gerade die letzten zwei Jahre lehrten mich auf viel einfacherer Ebene als der vieler Dimensionen, wie schnell für unmöglich Gehaltenes wirksam und wahr werden kann.

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